Via Reversion Kit (2007)
Schwarz oder Weiß? Positiv oder Negativ? Kann man solche Fragen sofort an der
Stelle eindeutig beantworten? Im Alltag sind wir öfters gezwungen zwischen
Stellungen zu entscheiden.
Dies führt dennoch öfters zu unmittelbaren Spannungen, die sich mit der Zeit
akkumulieren. Wenn man aber sich Tiefer in das menschliche Gehirn eindenkt,
wird es klar, dass völlig polare Konzepte oder Stellungen innerhalb einer
Persönlichkeit koexistieren können.
Bildet dies einen Paradox? Diese Frage ist wieder eine Aufforderung eine
Stellung zu nehmen. Solche geschachtelte Paradoxe haben die Menschlichkeit
immer fasziniert. Die Menschen, die sich Zeit nehmen dürften, haben Unmengen
solcher Paradoxe dokumentiert (s. z. B. Zen Kōan). Von der Tortur der
Unendlichkeit hat der Mathematiker Kurt Gödel befreit. Als Folge seines
Unvollständigkeitssatzes, dürfen unendlich Viele geschachtelte Systeme
existieren, in denen, in einem System sich widersprechende Ausdrücke nicht
widersprechend sind.
Der Pfad des Hedonismus ist heutzutage öfters der Wunsch eines denkenden
Wesens. Die Maximierung des Lustes und Genusses ist dennoch eine utopische
Maxime, die in einer dynamischen Gesellschaft nicht einfach zu realisieren
ist. Jeder Schritt führt zu einer Menge von Reaktionen, die sehr Polar sein
können, da alles relativ und auf dem Zeitpunkt bezogen bewertet wird.
Ein Beispiel der vorhin erwähnten Systemen ist eine persönliche
Weltanschauung. Jede Weltanschauung ist ein Unikat nicht nur in zwischen
Menschen, sondern auch zwischen Sekunden. Lernt man etwas neues über die Welt,
so kann sich das ganze Bild umdrehen, sich invertieren. Das Gute kann also auf
ein Moment das Böse sein und in der nächsten Sekunde sich wieder in das Gute
verwandeln.
Die Bilder aus der Serie "Via Reversion Kit" kristallisieren meine persönliche
relative Weltanschauung durch fotografische Inversionen in eine Form und sind
dem Gute hier und jetzt mit bestem Dank an das Modell und meine Freunde
gewidmet.
DLed, Berlin 31.12.2007
Über den Künstler
Seit der Geburt in 1981 in Leningrad, lebt Dmitry intensiv zwischen Kunst und
Wissenschaft. Akademische Ausbildungen in Musik und Kunst hat er wegen
Konservatismus abgebrochen und hat sich auf eigene Entwicklungsspur gesetzt. In
seiner ersten persönlichen Ausstellung „Hier bin ich abwesend“ in
Belka&Strelka Galerie in St.-Petersburg wurden seine Fotografien in
Diptychon Format gezeigt, die der Thema Abwesenheit gewidmet waren. Die
Atmosphäre der Ausstellung wurde durch seine eigenen Musikaufnahmen angereicht,
dennoch selbst war er abwesend.
Die fotografische Serie „Via Reversion Kit“ beschäftigt sich mit verformten
Räumen und relativen Ansichtsweisen. Jedes Lichtbild hat zwei Interpretationen –
als Negativ- oder Positiv-Bild. Traditionell wird das Positiv gewählt, da es
unserer Sicht näher ist. Auf der Ausstellung werden Fotografien gezeigt, die
beide Interpretationen erlauben, dennoch in einer gezielt ausgewählten
Interpretation vorgestellt werden.
Veröffentlicht in MOLOKO+ mag
Ausgestellt in Tee- und Punsthaus Tschaikowsky (2008)
Copyright 2008 Dmitry Ledentsov @ MirrorTax Group